Jacques Lusseyran, seit seinem achten Lebensjahr blind, schrieb über das Berühren:
„Die Tomaten im Garten berühren, sie wirklich zu berühren, die Wände des Hauses oder den Stoff der Vorhänge oder einen Erdklumpen wirklich zu berühren, das bedeutet sicherlich, sieso vollständig zu sehen, wie Augen sehen können. Aber es ist mehr als sie zu sehen, es bedeutet, sich auf sie einzustellen und es dem Strom, den sie führen, zu ermöglichen, sich mit dem eigenen zu verbinden – wie Elektrizität. Anders gesagt, dies bedeutet das Ende des Lebens in Konfrontation mit den Dingen und der Anfang des Lebens mit ihnen. Mach’ dir nichts daraus, wenn es dich schockiert, doch dies ist Liebe. Du kannst deine Hände nicht daran hindern, das zu lieben, was sie wirklcih gefühlt haben.“ (Dianne Connelly, Alles Weh ist Heimweh, Verlag Bruno Endrich, Heidelberg 1992, S.120)
“Die Hand, die meinen Körper berührt, berührt mein Leben”…
“Gandhi hat gesagt: “Arbeit mit den Händen ist eine Lehrzeit der Aufrichtigkeit. Möge die Arbeit deiner Hände ein Zeichen sein der Dankbarkeit und der Ehrfurcht vor dem menschlichen Leben.”
Mit unseren Händen berühren wir das, was aus dem Universum entstanden ist, das Gefäß für das Leben, die Materie selbst, den Wohnsitz, den Körper.
Der gemeinsame, kollektive, funktionierende “Körper” – ihn lernen wir kennen durch Berühren und Fühlen, durch Untersuchen und Erforschen. Er ist ein grenzenloses Königreich, das wir erforschen und erschließen müssen. Wir beschreiben uns selbst über unseren Körper.
Im Körper haben wir unseren Wohnsitz für den Raum und die Zeit, was wir Leben nennen, unsere Lebenszeit, unsere Zeitspanne.
Alles was wir besitzen, ist ein zu lebendes Leben, und das Transportgefäß für unsere Lebendigkeit ist unser Körper.
Über das Ausmaß meiner Identität mit meinem Körper weiß ich nur wenig – bis ich berührt werde; anwesend in meinem Körper bin ich nur wenig – bis eine Hand auf mich gelegt wird und mich in den “Tempel” ruft, ins Haus meines Selbst, ins Heim meines Geistes, in den Wohnsitz meiner Existenz.
Das Wunderbare eines körperlichen Symptoms ist das Signal, daß es in meinem Körper ist, daß es mich auffordert, berührt zu werden, daß es mich aufruft, mich um meinen Schmerz zu kümmern – über meinen Körper.
Doch die unangenehme Lage meines Körpers deutet stets über sich hinaus.
Die Hand, die meinen Körper berührt, berührt mein Leben.
Mein Körper ist in mir. Ich singe mit ihm, spreche mit ihm, mäste ihn, laß’ ihn abmagern, esse mit ihm, schlafe mit ihm. Ich tue alles, einschließlich “zu sein”, in meinem Körper.
Wenn du also meinen Körper berührst – mein Stück unseres “gemeinsamen Weidelandes” -, trittst du in mein Leben ein, in mein Dasein, in meine Wohnung – gleichgültig, wodurch mich berührst. Eine Berührung schließt immer die Anwesenheit des Körpers ein, meines eigenen und die des anderen.
Berührung macht anwesend.
Ich werde von dir berührt, deine Anwesenheit bewegt mich.”
“…Ich denke an eine aufruhende Hand, in der sich ein Berühren versammelt, das unendlich weit von jeglichem Betasten entfernt bleibt, nicht einmal Gebärde mehr heißen darf…denn diese Hand ist von einem weither und noch weiterhin rufenden Anruf durchtraten, weil aus der Stille zugetragen.” (Martin Heidegger)
(aus: “Alles Weh ist Heimweh”, Dianne Connelly, Verlag Bruno Endrich, copyright 1986 Dianne Connelly, 4. Auflage, 2009. Seite 116/117.)
- Gespräche mit dem AtemNach über 13 Jahren Shiatsupraxis könnte ich meine Behandlungen auch „Gespräche mit dem Atem“ nennen. Ich höre dem Atem zu, ich sehe ihn, nehme ihn wahr, ich beobachte ihn, und ich „spreche“ mit ihm, denn er zeigt mir den Weg. Vor vielen Jahren machte mich mein japanischer Shiatsulehrer Akinobu Kishi das erste Mal darauf aufmerksam, …
- Shizuto Masunaga über Shiatsu„Auch wenn wir das Leben über anatomische und biochemische Darstellungen zu definieren versuchen, liegt die Lebensbeschaffenheit doch jenseits des wissenschaftlichen Zugriffs. Sie können Meridiane und Tsubos (japanisch für Akupunktur-, und Akupressurpunkt) und ihren Wirkungsmechanismus mit konventionellen Methoden untersuchen, aber dieser Ansatz wird ihnen nicht das wahre Leben davon erschließen. Auch Religion ist nicht intellektuelles Verstehen, …